Die Stadt der Löwen in der Westukraine – Lemberg/ Львів / Лвов
Lemberg, auch bekannt als die Stadt der Löwen, ist eine Stadt in der Westukraine. Lwow (ich bleibe hier bei der russischen Schreibweise) ist eine altrussische Stadt, die im Verlauf ihrer Geschichte zu Polen, Österreich, der Sowjetunion und letztendlich zur Ukraine gehört(e). Der Stadtrat der Stadt Würzburg entschied im Frühling 2022, dass Würzburg und Lemberg eine Städtepartnerschaft eingehen werden. Seit einigen Tagen ist es so weit. Лвов ist die Partnerstadt meiner Wahlheimat Würzburg. In der Mainpost wurde der Würzburger Bürgermeister Christian Suchardt folgendermaßen zitiert.
Ich kann Ihnen versichern, dass die Bevölkerung der Stadt Würzburg und auch unser ganzes Land zu Ihnen steht.
Dennoch, die Geschichte der Stadt Würzburg passt zu Lemberg. Die Städtepartnerschaft macht daher Sinn. In Würzburg kennt man sich offenbar mit dem historischen Reinwaschen der Weste aus – Hierzu gleich mehr.
Dagmar Henn geht in ihrem Artikel auf die Gemeinsamkeiten der Stadt Würzburg mit der Stadt Лвов ein:
Als im Frühjahr vergangenen Jahres im Würzburger Stadtrat der Beschluss zu dieser Städtepartnerschaft getroffen wurde, waren diese historischen Hintergründe kein Thema. Im Gegenteil; im Protokoll wird Schuchardt mit der Bemerkung zitiert, er sei „darauf aufmerksam gemacht worden, dass Norbert Glanzberg, der Komponist und Dirigent, sich zeitlebens selbst als ‚Lemberger‘ bezeichnet habe. Er habe in Würzburg gewirkt, sodass es auch diesbezüglich eine Verbindung gebe.“
(…)
Eines seiner kompositorischen Werke ist ein Liederzyklus, dessen Titel „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ aus der Todesfuge von Paul Celan übernommen ist. Ein „Lemberger“? Das Lemberg, in dem er geboren worden war, war unter maßgeblicher Mitwirkung der Bandera-Anhänger zerstört worden.
Was meint Dagmar Henn mit “Bandera Anhängern“? Stephan Bandera war ein ukrainischer Nazionalist, der mit den deutschen Nazis zusammenarbeitete. Er wird heute wieder von ukrainischen Nationalisten verehrt. Zu seinem 100. Geburtstag im Jahr 2009 wurde sogar eine Briefmarke mit seinem Portrait herausgegeben.
Man stelle sich vor, man würde zum 100. Geburtstag von Himmler oder Göhring eine Briefmarke herausgeben. Das Geschrei wäre groß. Aber Bandera wird heute als Held verehrt:
Das Wirken unter seiner Führung, sowie die anhaltende fanatische Verehrung von Bandera wurde von Dagmar Henn in ihrem Artikel beschrieben.
Wie bereits erwähnt habe ich kein Problem mit der Geschichte der Stadt Лвов. Ich habe auch kein Problem mit der deutschen Geschichte oder der Geschichte der Stadt Würzburg.
Bildquelle: Karsten Thamm
Ich erwähnte die Festung der Stadt, ihr Wahrzeichen. Die Festung hat zwei Gesichter. Da ist zum einen die architektonische und baukünstlerische Leistung des Baus der Festung über mehrere Jahrhunderte hinweg. Allerdings, und das wird einem stets bewusst, wenn man die Festung zu Fuß erklimmt, ist die Würzburger Festung auch ein Monument der grausamen Feudalherrschaft, die in der Bischofsstadt Würzburg herrschte.
1934: In Würzburg wird die erste eigenständige neurochirurgische Abteilung Deutschlands errichtet.
1934 bis 1945: Georg Schaltenbrand ist Arzt an der Inneren und Nervenklinik der Universität Würzburg auf. Er baut die neurologische Leitung auf, deren Leiter er 1935 wird. 1937 wird er Professor für Neurologie. 1940 führt er medizinische Versuche an psychisch kranken und geistig behinderten Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Werneck durch. Das 1947 gegen Schaltenbrand eingeleitete staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wurde 1948 aufgrund eines entlastenden Gutachtens Victor von Weizäckers eingestellt.
1939 bis 1945: Werner Heyde ist Inhaber des Lehrstuhls für Psychiatrie und Neurologie sowie Klinikdirektor. Er beteiligte sich vermutlich ab Juli 1939 maßgeblich an der Vorbereitung der Tötung von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie von behinderten Menschen (Aktion T4). Bis 1941 war Heyde als medizinischer Obergutachter der Krankenmordaktion tätig. Unter dem Pseudonym Fritz Sawade praktizierte Werner Heyde bis zu seiner Verhaftung im Jahr 1959 weiter als Arzt.
Ja, historisch passt die Stadt Würzburg zu Lemberg.
Warum erwähne ich das alles?
Ich bewundere an Russen, dass sie zu ihrer Geschichte stehen, sich nicht dafür schämen, auch wenn es ein Bewusstsein dafür gibt, was alles falsch gelaufen ist, welche Verbrechen begangen wurden, beispielsweise von Stalin. Stalin wird aber auch verehrt, weil er eben das russische Vaterland von den Nazis befreit hat. Nun, ich selbst habe sicherlich kein Verständnis dafür, Stalin zu verehren, aber wer bin ich, dass ich den Russen etwas vorschreibe?
Dieses Bewusstsein ohne Schuldkomplex wünsche ich mir für Deutschland auch. Wohin hat uns dieser Schuldkomplex gebracht? Wohin hat uns das Verbot von Nazisymbolen gebracht? Hat es uns davor bewahrt, die Fehler der Geschichte zu wiederholen? Ich denke nein, denn das Jahr 2020 hat zumindest mir gezeigt, dass die Menschen wieder bereit dazu sind, für eine Parole einen heraufbeschworenen Feind zu verfolgen oder einem Führer nachzulaufen.
Der Schuldkomplex, das Verbot von Nazisymbolen etc. hat uns sogar ein Instrument gegeben, gegen eben die Maulhelden, die Whistleblower, die Aktionisten, die Querdenker, Freidenker und Andersdenker zu schießen, sie per Kontaktschuld und anderen unsäglichen argumentativen Gratwanderungen zu Nazis zu diffamieren und sie somit mundtot zu machen oder gar strafrechtlich zu verfolgen.
Anmerkung: ich plane in Kürze ein Interview mit eben einem Justizopfer dieses Gebarens.
Die Menschen haben eine solche Angst davor als Nazi zu gelten, dass sie dafür sogar ihre Gesundheit, ihre Freiheit oder den Frieden aufs Spiel setzen, und damit eben jene Fehler begehen, die unsere Großeltern im Jahr 1933 begangen haben – eben wegen der Besessenheit auf der moralisch richtigen Seite zu stehen.
Dabei spielt es keine Rolle, ob man in der Ukraine mit offenkundigen Nazis, seien es Asov-Anhänger oder Bandera Nostalgiker, auf Tuchfühlung geht, so lange man den Schein wahrt, auf der moralisch richtigen Seite zu stehen. Und wenn man sich das nur oft genug einredet, dann glaubt man auch daran.
Die Altnazis gibt es nicht mehr, sie sind Vergangenheit. Aus diesem Grund sind sie für mich nur noch aus historischen Gründen interessant. Teile ihrer Ideologie oder ihrer Methoden leben in vielen Formen und Farben weiter, auch in solchen Bereichen, in denen man es nicht vermuten würde. Als Baujahr 1969 kann ich nichts an der Geschichte ändern. Wir können die Geschichte nicht verändern.
In der Gegenwart kann ich einen Unterschied machen. Und ich habe mich entschieden, auf der Seite zu stehen, die ich für die moralisch richtige halte, was mich zu meinem letzten Punkt bringt.
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