Kommentar von Karsten Thamm
Der Krieg ist (nicht) weit weg
Von Zittau in Sachsen bis Dobromyl (Добромиль), in der Ukraine sind es ca. 580 km, bis Nowojaworiwsk (Новояворівськ), in der Nähe von Lwow/Lwiv/Lemberg (Лвов/ Львів), ca. 590 km. Vom östlichsten Punkt im bayrischen Wald, nordöstlich von Passau, bis Uschgorod (Ужгород) sind es etwas mehr als 610 km. Man kann nicht behaupten, dass die Ukraine weit von uns entfernt ist.
Anmerkung: Viele Städte in der Ukraine haben sowohl russische, als auch ukrainische Namen, wie beispielsweise Lemberg. Lwow ist dabei der russische Name (Лвов), Lviv der ukrainisch (Львів). Man kann ukrainisch daran erkennen, dass der Buchstabe ‚i‘ verwendet wird. Den gibt es im Russischen nicht, denn die Russen schreiben dafür ‚И‘.
Der Krieg ist allerdings 1300 bis 1500 km von uns entfernt. Bis Charkow/Charkiv (Харков/Харкiв) sind es 1500 km, bis Cherson (Херсон), kurz vor der Mündung des Djepr (Днепр) ins schwarze Meer sind es ca. 1300 km. Das schwer umkämpfte Artemiwsk/Bachmut (Бахмут, die fast unaussprechliche russische Sprechweise Artemowsk spare ich mir an dieser Stelle) sind es 1750 km.
Nun, es ist nicht ganz richtig, dass der Westen der Ukraine nichts vom Krieg zu spüren bekommt, denn auch im Westen der Ukraine wurde die elektrische Infrastruktur von Russland angegriffen, im Herbst 2022, aber ansonsten ist der Westen der Ukraine von den Kriegshandlungen nicht allzu sehr betroffen, zumindest nicht unmittelbar.
Infos bekommen, aber woher?
Worum es bei diesem Krieg geht, hängt davon ab, welche Quellen man als primäre Informationsquellen bemüht. Wie ich bereits in meinem Artikel zum Mascha-Interview erwähnte, hatte ich zu den russischen Quellen kein Vertrauen, zu den westlichen Quellen schon gar nicht. Russia Today, eine Quelle die ich bis 2022 immer gerne nutzte, schied für mich ab Februar 2022 als zuverlässige Informationsquelle zum Ukrainekrieg aus, denn Russia Today ist ein echtes Kind der russischen Föderation, und die ist Kriegspartei.
Die Kriegsberichterstattung der westlichen Medien schied für mich von vornherein aus. Zu viele Propaganda Desinformationen musste man in den NATO-Angriffskriegen der vergangenen zwei Jahrzehnte über sich ergehen lassen, als dass es noch einen Funken der Glaubwürdigkeit in den Mainstream Medien zu finden gäbe, insbesondere in Kriegszeiten. Die Berichterstattung während der Corona Zeit, oder wie ich es immer nenne, der COVID-Progrome, tat ihr Übriges. Nein, die westlichen Mainstream Medien haben ihre Glaubwürdigkeit verspielt.
Doch woher Informationen nehmen, wenn nicht stehlen? Ich kannte den Anti-Spiegel von Thomas Röper, sowie die Sendung Tacheles mit Röper und Stein, bereits seit 2019. Robert Stein war mir auch davor kein Unbekannter – den kannte ich noch von diversen Vorträgen zu 9/11 Zeiten. Also begann ich dort. Nun ist Thomas Röper sicherlich nicht ganz frei von Vorurteilen, denn immerhin lebt er in Russland, in Sankt Petersburg (Санкт Петербург … man beachte das das ‚S‘ in PeterSburg in der russischen Version weg fällt) und Russland ist seine Wahlheimat. Aber Thomas Röper ist ein hervorragender geopolitischer Beobachter und ein sehr eifriger Autor, der seit gut einem Jahr sowohl in Russland, als auch in Deutschland, Beachtung findet.
Über Thomas Röper stieß ich auf Alina Lipp. Die weitere Suche nach Informationsquellen führte mich zu Drushba.FM, den Kanal Mir Sevodjna (Мир сегодня – „Frieden Heute“ oder „Welt heute“ … Mir kann beides bedeuten) des Ukrainers Jurij Podoljaka, über diesen Kanal auf den Kanal von Kirill Stremousov, dem Vizegouverneur der Oblast (Region) Cherson, der bedauerlicherweise im vergangenen Jahr tödlich mit dem Auto verunglückt ist. Hilfreich war die für mich dabei die Tatsache, dass ich bereits einen Monat vor dem Konflikt damit begonnen hatte russisch zu lernen und die Scheu vor den Kyrillischen Buchstaben verloren hatte. Mit einem Übersetzer wie Google Translate sind die Artikel der russischen Kanäle meist sehr gut verständlich.
Es gibt keinen, der einem erklärt, worum es bei diesem Krieg genau geht. Das unterliegt der Beurteilung eines jeden Einzelnen. Man bekommt durch die genannten Kanäle keine Erklärungen. Das ist der Unterschied zu den westlichen Medien, wo man „die Wahrheit™“ vorgekaut und bequem verdaubar angeboten bekommt. Es ist bequem und passt schön ins eigene Weltbild. Man muss nicht viel nachdenken und braucht sein Weltbild nicht zu hinterfragen, ist massenkonform und eckt nicht an. Man kann auch wunderbar bequem mit dem Finger auf andere zeigen und jede Verantwortung von sich selbst abwenden.
Kurzum: Wenn man sich gerne belügen lässt, dann ist es das Bequemste einfach bei ARD und ZDF auf die Suche nach der Wahrheit zu gehen. Das schont das eigene Gewissen. „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“.
Doch diese Haltung ist eine gefährliche, denn, bekanntermaßen kocht man einen Frosch langsam, damit er nicht merkt, dass er gekocht wird. Und gerade wir, als Generationen eines Deutschland nach dem 2. Weltkrieg, haben auf der Welt eine besondere Verantwortung, solche Strukturen im Entstehen zu erkennen. Wer schweigt, der stimmt zu und macht sich auf diese Weise zumindest zum Mitwisser, manchmal zum Mittäter.